Donnerstag, Oktober 20

# 17


Ich nehme das Salatdressing vom Tisch und gehe damit zum Kühlschrank. Ich stelle es hinein und will gerade die Tür zumachen, als sich meine Mutter und meine Schwester neben mir stellen.
"Schaut mal her, ich hab euch für das Wochenende was eingekauft." sagt meine Mutter und zieht das Obstfach auf. "Ich hab hier Chicken-Nuggets, fertige Hot- Dogs und Hamburger und Würstchen und, und, und. Dann werdet ihr hoffentlich nicht verhungern, wenn wir dieses Wochenende dann in Wien sind..." erklärt meine Mutter weiter. Meine Schwester pustet ihre Wangen auf, streckt den kaum vorhandenen Bauch raus und sagt: "Uhh, dann werden wir ja bestimmt ganz kugelig"
Ich kommentiere das Ganze nur mit einem genervten "Mhmhh..." drehe mich um, zieh meine Schuhe an, schnapp mir Jacke und Hundeleine und reiße die Tür auf. Eiskalte Luft schlägt mir entgegen. Ich fröstel, setzte aber trotzdem erst den einen, dann den anderen Fuß nach draußen.  Ich leine meinen Hund an und gehe los.
Als ich an die Wiese komme lasse ich meinen Hund laufen. Das letzte bisschen Licht fließt aus dem Himmel, von Minute zu Minute wird es dunkler. Aber das ist mir egal. Ich gehe weiter über die Wiese, folge dem Trampelpfad, den man selbst ohne viel Licht gut erkennt. Nach fast hundet Metern stehe ich auf dem Hügel, der sich in der Mitte der Wiese befindet. Jetzt kann ich über die ganze Wiese schauen. Bis ganz hinten, dort wo die Wiese aufhört und das Maisfeld anfängt.  Mein Blick wandert dorthin, es ist noch hell genug um die einzelnen Maispflanzen zu erkennen. Und es ist definitiv auch noch hell genug, um den Schatten zu erkennen, der da ist.
Ich laufe genau auf ihn zu. Das Schatten bewegt sich nicht. Ich überlege. 'Nein, nein, da dürfte kein Schatten sein.' schießt es mir durch den Kopf. Ich erschauder. Noch immer steht mir der Schatten unbewegt gegenüber. Ich fühle mich beobachtet. Unbehagen breitet sich in mir aus, meine Nackenhaare stellen sich auf. Ich wage es nicht, mich umzudrehen und und dem Schatten den Rücken zu zu kehren. Langsam mache ich einen Schritt nach hinten, noch einen. Drehe mich halb um, starre wieder auf den Schatten. Er ist fast aus meinen Blickfeld verschwunden, ich stehe wieder auf der anderen Seite des Hügels. Jetzt drehe ich mich komplett um und laufe schnell weiter. Immer und immer wieder sehe ich mich panisch um, habe Angst, dass der Schatten mir doch folgt. Dann endet die Wiese. Ich bin wider auf der Straße, die erste Laterne taucht auf. Als mich in ihren Lichtkegel trete drehe ich mich wieder um. Ich bleibe stehen und starre in die Dunkelheit, versuche irgendwas zu erkennen. Bewegt sich da was? War das Schatten schon da, bevor ich geblinzelt hab?
Ich merke wie mein Herz rast, mein Atem geht schnell. Rasch drehe ich mich wieder um und fange an zu laufen. Nein, ich renne nicht. Ich gehe nur. So schnell ich kann. Immer wieder wage ich einen Blick über die Schulter, sehe dann wieder nach vorne. Bei dem kleinsten Geräusch drehe ich mich um. 
Noch nie waren die Straßen so dunkel, noch nie war der Weg so lang. Links. Rechts. Über die Kreuzung. Geradeaus. Hier lang. Da lang.  Dann seh ich sie, meine Straße. Ich schaue mich noch einmal panisch um, dann biege ich in die Sackgasse ein und steuer auf mein Haus zu. Mit dem Rücken zur Tür, den Blick von einem zum anderen Schatten huschend, warte ich bis meine Schwester mir auf macht und ich endlich die Tür hinter mir schließen kann. 
Ich spüre immer noch diesen Blick auf mir, ich höre immer noch Geräusche hinter mir, fühle mich verfolgt, gehetzt. Mein Blick schnellt wieder hoch. Aber da ist nur die Haustür. Die verschlossene Tür.

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